9. Gerechtes Frankfurt – gute Bedingungen in allen Lebenslagen

Für eine strategische Bekämpfung der Kinderarmut, Entlastung von Familien und Alleinerziehenden. Für mehr bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum in allen Stadtteilen. Für eine gute Versorgung mit Hebammen und Fachärzten. Für mehr Barrierefreiheit in unserer Stadt.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für das Recht aller Menschen auf ein menschenwürdiges Leben. Dabei geht es uns vor allem darum, Teilhaberechte zu garantieren und den Zugang zu Bildung, Freizeit, Wohnen und Kultur sicherzustellen. Ein unabhängiges Beratungsnetz muss Hilfe bieten für Menschen, die in Armut oder in Notsituationen geraten.

Fast jedes dritte Frankfurter Kind unter 18 Jahren ist ganz oder teilweise auf staatliche Leistungen angewiesen. Damit herrscht in Frankfurt (Oder) die höchste Kinderarmutsquote aller Kreise und kreisfreien Städte im Land Brandenburg. Hinzu kommt, dass die Kinderarmut in Frankfurt sogar leicht gestiegen ist, während überall sonst im Land ein Rückgang zu verzeichnen war. Neben der angespannten finanziellen Lage kann sich auch die teilweise zu beobachtende kulturelle, soziale und emotionale Armut nachhaltig auf das Wohlbefinden und die Zukunftschance der Kinder auswirken. Deshalb ist uns die Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut besonders wichtig. Wir unterstützen die Initiative des Oberbürgermeisters, sich der Thematik anzunehmen und eine Gesamtstrategie für diese zentrale Herausforderung zu entwickeln. Für dieses Anliegen halten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Familienförderung für eine der wichtigsten gesellschaftlichen und somit auch kommunalen Aufgaben. Unsere Stadt hat einige gute niedrigschwellige Ansätze entwickelt, um Familien zu helfen und zu begleiten, wie etwa den Baby-Besuchsdienst, die Familienhebamme oder auch die enge Kooperation zwischen Eltern-Kind-Zentren, Kitas und Familienhilfe. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, den Baby-Besuchsdienst, die Familienhebamme und die beiden Eltern-Kind-Zentren dauerhaft zu finanzieren und diese Finanzierung mittelfristig zu erhöhen, um ihre erfolgreiche Arbeit nachhaltig sicherzustellen. Darüber hinaus halten wir es für ein wichtiges Element einer ganzheitlichen Strategie, auch die soziale Stigmatisierung zu bekämpfen, der sich von Armut betroffene Familien und Kinder im Alltag regelmäßig ausgesetzt sehen.

Wir Bündnisgrünen haben uns bei der Überarbeitung der Kitabeiträge dafür eingesetzt, Familien stärker zu entlasten und Beiträge sozial gerechter zu staffeln. Als einzige Fraktion haben wir uns dagegen ausgesprochen, einen Beitrag für finanzschwache Familien einzuführen. Angesichts der geplanten Einführung von Beitragsfreiheit durch das Land werden wir auch weiter dafür kämpfen. Als Kommune müssen wir uns weiterhin auf Landesebene dafür stark machen, dass notwendige Betreuungszeiten vom Land ausfinanziert werden, Betreuungsschlüssel tatsächlich gewährleistet werden können, Kita-Leiter*innen Zeit für Leitungsaufgaben haben und das Land dafür sorgt, nicht nur die Quantität sondern auch die Qualität der Betreuung zu verbessern.

Kinder in bedürftigen Familien haben Anspruch auf Erstattung des Eigenanteils für den Erwerb von Schulbüchern und auf Ermäßigung bei der Schüler*innenbeförderung. Wir wollen in den Schulen und Kitas verstärkt Aufklärungsarbeit leisten, um den Familien dabei zu helfen, ihr Recht in Anspruch zu nehmen. Außerdem wollen wir Möglichkeiten schaffen, den Zugang zu Leistungen des Bildungs- und Teilhabegesetzes für bedürftige Kinder und Jugendliche zu erleichtern, wie etwa ein vereinheitlichtes Bezahlsystem.

Bei der Bewältigung der Auswirkungen von Kinderarmut spielt die Jugendsozialarbeit an Schulen, in Jugendclubs und im öffentlichen Raum eine wichtige Rolle, um die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen zu fördern. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind der Auffassung, dass es Schulsozialarbeit an allen Schulen in Frankfurt geben sollte. Wir setzen uns daher für eine mittelfristige Verstetigung der Stellen von Schulsozialarbeiter*innen und einen Ausbau im Rahmen der inklusiven Grundschulen ein. Um auch im Freizeitbereich gute Unterstützungsangebote für Jugendliche zu machen, wollen wir die Kapazitäten der offenen Jugendarbeit und Straßensozialarbeit ausbauen sowie die Vernetzung der Träger und Einrichtungen stärken, gerade auch im Hinblick auf aktuelle Bedarfe in der Präventionsarbeit.

Auch das Mehrgenerationenhaus muss von Seiten der Stadt weiter in seiner Arbeit unterstützt werden. Es ist ein unverzichtbarer Anlaufpunkt geworden, insbesondere für Menschen aus der Innenstadt. Das Quartiersmanagement hat sich, wie die Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe insgesamt, bewährt.

Es ist sehr erfreulich, dass Frankfurt (Oder) 2018 erstmals seit 1990 wieder einen leichten Bevölkerungszuwachs verzeichnen konnte. Aktuelle Prognosen deuten an, dass sich dieser positive Trend auch in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Deshalb unterstützen wir den kürzlich beschlossenen Abriss-Stopp und setzen uns dafür ein, dass es weiterhin genügend bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum im Zentrum und in den Stadtteilen gibt. Dafür ist die regelmäßige Fortschreibung des qualifizierten Mietspiegels für uns unverzichtbar. Auch passende und günstige Wohnungen für Studierende und junge Familien sind wichtig, wenn wir diese in Frankfurt halten wollen. Wir haben in Teilen einen Wohnungsüberhang in Frankfurt und Wohnungsknappheit in Słubice. Hier liegt es auf der Hand, dass eine stärkere Kooperation unserer Zwillingsstädte in diesem Bereich Vorteile für alle bringt. Dazu gibt es bereits erfolgreiche Ansätze durch die Wohnungsunternehmen, die wir unterstützen und ausbauen wollen.

Auch wenn es in den letzten Jahren auch positive Entwicklungen gab, ist die Zahl der Arbeitssuchenden in Frankfurt (Oder) weiterhin zu hoch. Durch eine nachhaltige Wirtschaftspolitik mit grenzüberschreitender Ausrichtung wollen wir hier eine langfristige Verbesserung erreichen. Außerdem müssen auch selbstorganisierte, erfolgreiche Strukturen wie die Arbeitsloseninitiative weiterhin gefördert werden.

Als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen wir für einen gesetzlichen Mindestlohn. Das bedeutet für uns vor Ort die konsequente Einhaltung des Vergabegesetzes und generell existenzsichernde Löhne sowie gute Arbeitsbedingungen und starke Personalvertretungen. Nicht nur in der Vergabe eigener Aufträge, sondern auch im Wettbewerb um Wirtschaftsansiedlungen darf die Werbung für Frankfurt (Oder) als Niedriglohn-Standort kein Mittel der Wirtschaftsförderung sein. Menschen mit Behinderung sollen leichter als bisher eine Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt finden.

Ein besonders wichtiger Bestandteil guter Arbeitsbedingungen ist für uns die Familienfreundlichkeit. Auch wenn wir in Frankfurt vergleichsweise gut dastehen, was den Ausbau von Betreuungskapazitäten angeht, müssen wir die Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch weiter verbessern. Alleinerziehende haben oft Schwierigkeiten, einen Beruf anzunehmen, weil sie die Betreuung mit Schichtarbeitszeiten, z.B. in den Callcentern, schwer vereinbaren können. Hier wollen wir Abhilfe schaffen und Initiativen wie das Bündnis für Familie unterstützen, das sich erfolgreich für familienfreundlichere Arbeitsbedingungen in Frankfurter Unternehmen einsetzt.

Auch der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung unserer Stadt steigt. Wir wollen, dass sie auch im Alter weiterhin ein selbstbestimmtes Leben führen können. Deshalb muss die Stadtverwaltung eng mit den städtischen Wohnungsunternehmen zusammenarbeiten, um Angebote unterschiedlicher altersgerechter Wohnformen sicherzustellen.

Wir setzen uns außerdem dafür ein, eine Pflegeeinrichtung in städtischer Hand zu erhalten und gezielte Projekte zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Pflege zu initiieren, damit ausreichend Pflegeplätze mit guten Bedingungen in Frankfurt zur Verfügung stehen.

Gerade für ältere Menschen, aber auch für das soziale Leben der Stadt insgesamt, ist eine gute Nahversorgung mit Supermärkten, Ärzt*innen und öffentlichen Verkehrsmitteln wichtig. Deshalb setzen sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für eine nachhaltige Sicherung von Einkaufsmöglichkeiten in allen Stadtteilen ein sowie einen Nahverkehr, der in seiner Taktung, Linienführung und Haltestellenausstattung keinen Stadtteil abhängt.

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass in Frankfurt (Oder) Fachärzt*innen in verschiedenen Bereichen fehlen. Um hier wieder eine ausreichende Versorgung zu erreichen, wollen wir gezielte Gespräche mit Verbänden und Krankenkassen führen, um die Ansiedlung von Fachärzten zu fördern. Auch die Versorgung unserer Stadt mit Hebammen ist ein zentrales Anliegen für uns. Deren Anzahl ist in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen. Wir wollen darauf hinarbeiten, dass die Stadtverwaltung attraktive Bedingungen und Anreize für Hebammen schafft, um sie in der Stadt zu halten.

Die Möglichkeiten zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung am öffentlichen Leben und die Rahmenbedingungen zur Bewältigung des täglichen Lebens müssen erheblich verbessert werden. Dafür brauchen wir Orientierungssysteme, die auch für Menschen lesbar sind, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind oder nicht lesen können, mehr akustische Ampelanlagen sowie eine barrierefreie Gestaltung von Webseiten und Informationsangeboten der Stadt. Die bauliche Barrierefreiheit wollen wir ausbauen, insbesondere durch Bordsteinabsenkungen, Rampen, Handläufe und Aufzüge. Unsere Stadt muss genügend barrierefreien Wohnraum bieten, der ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Um barrierefreie Arztpraxen zu bündeln, unterstützen wir die Idee eines Praxisspiegels und wollen mehr Einzelhändler*innen dafür gewinnen, barrierefreie Zugänge zu gewährleisten.

Der Standort der Notunterkunft für Wohnungslose sowie der Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Seefichten gehört für uns auf den Prüfstand. Diese Menschen sollen nicht isoliert weit außerhalb des Stadtzentrums leben. Die Unterkunft ist schwer erreichbar, da Wohnungslose kaum Geld für den Bus aufbringen können. Dies kann besonders im Winter kritisch werden, wenn sie die schützende Unterkunft nicht mehr zu Fuß erreichen können. Hier muss eine andere Lösung gefunden werden.

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